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Auch Kurzgeschichten verdienen Bezahlung - Annette Juretzki schreibt

Auch Kurzgeschichten verdienen Bezahlung

Liebe Autor*innen im Indie-Bereich (veröffentlicht oder nicht), wir müssen reden. Denn es gibt etwas, das ich einfach nicht verstehe:

Warum nehmen wir es als gegeben hin, dass unsere Bezahlung bei Kurzgeschichten lediglich ein nettes Zusatzfeature ist?

Wir sind uns alle einig, dass Cover-Designer*innen bezahlt werden müssen. Und Lektor*innen. Und Korrektor*innen. Und Buchsetzer*innen. Und natürlich sollten sie das, denn sie alle leisten wichtige Arbeit bei einer Anthologie.

Aber wisst ihr, wer auch wichtige Arbeit leistet?

Wir.

Wir schreiben die Geschichten

Ohne Kurzgeschichten gibt es keine Anthologien, und trotzdem haben wir inzwischen akzeptiert, dass Autor*innen bei vielen Indie-Anthologien (also Anthologien von Kleinverlagen und Selfpublishing-Herausgeber*innen) weder Tantieme noch Honorare kriegen.

Ist das gerecht?

Selbstverständlich: Auch Verlage werden mit Anthologien nicht reich, ganz im Gegenteil. Da gibt der Buchmarkt halt leider nicht viel her. Ich verstehe wirklich, dass deshalb keine hohen Honorare gezahlt werden können.

Aber überhaupt nichts?

Als ich begonnen habe, es mit dem Schreiben ernst zu nehmen, habe ich mir selbst versprochen, niemals umsonst zu arbeiten. (Eine Ausnahme davon sind Benefiz-Anthologien, bei denen jeder Gewinn gespendet wird. Dort sehe ich meine Geschichte als Spende für einen guten Zweck an.)

Wenn jemand mit meiner Arbeit eine Tasse Kaffee verdient, will ich mindestens einen Schluck abhaben. Alles andere ist für mich ungerecht.

Habe ich deshalb interessante Ausschreibungen von tollen Kleinverlagen und Selfpublisher*innen verpasst? Jede Menge sogar!

Bereue ich das? Nicht ein Stück.

Denn ich will nichts unterstützen, das nicht unterstützenswert ist.

Warum jetzt dieser lange Text?

Weil ich mir um uns Autor*innen Sorgen mache.

Ich bekomme immer häufiger in Foren/Gruppen für Autor*innen zu hören, dass man für Kurzgeschichten grundsätzlich nicht bezahlt wird. Es ist also bereits angerichtet, viele von uns halten bereits jetzt ihre Geschichten für den unwichtigsten Beitrag zu einer Anthologie.

Das hat nicht nur für sie selbst Folgen, sondern setzt einen bösen Trend: Je mehr glauben, es nicht zu verdienen, bezahlt zu werden, desto weniger bestehen auf Bezahlung, desto mehr setzt sich fest, dass Autor*innen für Kurzgeschichten nicht bezahlt werden müssen. Das ist ein wirklich schlimmer Teufelskreis.

Heute hab ich gesehen, dass dieser Trend die nächste Stufe erreicht hat: Autor*innen sollen bezahlen, damit ihre Kurzgeschichte in einer Anthologie erscheint, und mit Entsetzen musste ich feststellen, dass es nicht die erste Anthologie dieser Art ist.

Verdammt nochmal: NEIN!

Wir müssen endlich lernen, nein zu Bedingungen zu sagen, die einfach nicht in Ordnung sind. Auch wenn uns dadurch eine Veröffentlichung entgeht, auch wenn die Idee der Ausschreibung wahnsinnig toll ist.

Denn sonst entgeht uns eine andere, wahnsinnig tolle Idee: Unsere Arbeit ist wertvoll!

Es ist niemals okay, wenn jemand (Verlag oder Selfpublisher*in) von euch für eine Veröffentlichung bezahlt werden will. Nein, auch nicht wenn es „nur“ ein Unkostenbeitrag fürs Lektorat ist, und nein, auch nicht, wenn ihr doch im Gegenzug am Gewinn beteiligt werdet.

Bei Verlagen nennt man dies Druckkostenzuschussverlag, und auch Selfpublishing-Herausgeber*innen, die euch zu diesen Konditionen Veröffentlichungen anbieten, sind nicht besser.

(Etwas anderes ist es, wenn ihr euch mit anderen Autor*innen zusammensetzt, um gemeinsam eine Anthologie herauszubringen, die Kosten und Gewinne gemeinsam teilt und bei allem Mitspracherecht habt, vor allem dabei, was wofür bezahlt wird. Darum geht es hier nicht.)

Wir haben’s schon verpasst, zu verhindern, dass es als gegeben hingenommen wird, dass wir für Kurzgeschichten in Indie-Anthologien nicht bezahlt werden. Bitte lasst uns diesen Fehler nicht wiederholen und es als gegeben hinnehmen, dass wir für die Veröffentlichung unserer Kurzgeschichten bezahlen sollen.

Unsere Geschichten sind wertvoll und verdienen Respekt wie wir Autor*innen auch. Aber den können wir uns nur erhalten, wenn wir zu schlechten Bedingungen nein sagen.

Und zwar auch dann, wenn sie uns von Menschen und Verlagen genannt werden, die wir doch eigentlich mögen.

Author: Annette Juretzki

Autorin von Fantasy, Scifi & Unfug. Lektorin, Korrektorin & sonstige Besserwisserin. An sich ein netter Mensch, wenn man sie nicht näher kennt.

2 Replies to “Auch Kurzgeschichten verdienen Bezahlung”

  1. Hallo, ich hatte eine Geschichte über 13 Buchseiten an den August von Goethe Literatur Verlag, Offenbach/M. für Anthologie „Neue Literatur“ (2008) geschickt u. musste dafür, nachdem das Buch veröffentlicht wurde, zig Exemplare zu einem Preis von ca. 700 € abnehmen, ohne je ein Buch davon verkauft zu haben, da alle Buchhandlungen in meinem Umfeld nicht bereit waren, diese Anthologie wenigstens in Kommission zu nehmen. Nun werde ich erneut aufgefordert (andere Lektorin), Poesie u. Prosa meiner „Werke“ zu senden für eine weitere Anthologie. Nachdem ich nun las, dass dafür bezahlt werden sollte, weiß ich nicht, ob dies nun üblich ist oder ich auf eine Zusendung verzichten sollte.
    Für eine baldige Antwort bin ich Ihnen dankbar und
    grüße freundlich
    Gabriele Kayser, Bad Urach

    1. Oje, das tut mir wahnsinnig leid, das ist echt keine schöne Erfahrung für so ein eigentlich tolles Erlebnis wie eine eigene Veröffentlichung! Der August von Goethe Verlag findet sich leider auf der Montségur-Liste bekannter Zuschussverlage, und die ist eigentlich immer recht verlässlich: https://autorenforum.montsegur.de/index.php?/topic/10192-bekannte-zuschussverlage-und-dienstleister/ Ich persönlich würde mit keinem dieser Verlage zusammenarbeiten, denn ein Verlag hat immer mich zu bezahlen, niemals umgekehrt. Auch eine verpflichtende Abnahme von Exemplaren halte ich für unseriös, denn damit wälzt der Verlag das unternehmerische Risiko auf Sie ab und in meinen Augen ist das unseriös. Ein seriöser Verlag trägt das Risiko selbst, genau deshalb findet ja eine Vorauswahl statt und es werden nur Texte veröffentlicht, an deren Erfolg man glaubt. Ein Druckostenzuschussverlag hingegen wählt kaum aus, denn für ihn kommt das Geld von den Autor*innen, nicht den Leser*innen.

      Ich würde an Ihrer Stelle dringend von einer weiteren Zusendung absehen und mich Verlagen zuwenden, die das Verlegen auch ernst nehmen. In sehr vielen Fällen erkennt man diese tatsächlich bereits daran, dass sie NICHT aktiv nach neuen Autor*innen suchen, da ein Verlag sich für gewöhnlich nicht vor eingesandten Manuskripten retten kann (eine Ausnahme sind frisch gegründete Verlage). Wer also auf seiner Webseite groß „Autoren gesucht!“ schreibt oder gar in Social Media Werbeanzeigen schaltet, an den würde ich meine Zeit gar nicht erst verschwenden. Eine einfache Informationsseite, wie Manuskripte eingesandt werden kann, ist hingegen vollkommen unbedenklich und heutzutage eigentlich auch Standard. Was ebenfalls heute eine mögliche Option ist, ist das Selfpublishing (SP), also seine Werke selbst herauszubringen. SP-Bücher haben inzwischen zum Großteil ihren schlechten Ruf verloren und obwohl man dabei alles selbst machen bzw. in Auftrag geben muss, sind sie oftmals um ein vielfaches günstiger als Bücher in einem Druckkostenzuschussverlag. https://www.selfpublisherbibel.de ist eine gute erste Anlaufstelle, wenn man sich dafür interessiert.

      Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und ganz viel Erfolg mit den zukünftigen Texten!
      Annette

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