[Sternenbrand] Deleted Scenes – Teil 2

Willkommen zurück zu meinem kleinen Blick hinter die Kulissen von Sternenbrand! Wie ich beim ersten Teil der Deleted Scenes bereits versprochen hab, gibt es nun eine extra-lange Textstelle. Denn eigentlich sollte es in Kapitel ab dem Moment, wo die Plattform hinab in den Keller mit Tina, Maya und Varbu steckengeblieben war, anders weitergehen. Aber lest selbst – und nicht vergessen: Dank Störsender und Implantat kann zwar Zeyn Jonas, aber nicht Jonas Zeyn verstehen. Also nicht verwirrt sein am Anfang 😉

Und wie auch beim letzten Mal: Spoiler-Warnung!

BLIND – Kapitel 3

„Hast du sie erreicht?“ Brand blickte wieder skeptisch nach oben in die Dunkelheit.

Verneinend fuhr sich Zeyn mit zwei Fingern über die Kehle.

Brand kräuselte die Nasenspitze. „Sie sind tot?“, fragte der Ktador unsicher.

„Nein!“, brüllte Zeyn. Dieser SC-Hinterwäldler verstand nicht einmal die universellsten Gesten.

„Die Leitung ist tot?“

Zeyn legte den Kopf auf die rechte Schulter, offenbarte die Kehle als Zeichen der Zustimmung. Wieder schien der Menschen nicht zu verstehen. Sein Pech; lieber ließe sich Zeyn das Wort „Ja“ in terranischen[1] Schriftzeichen in die Handflächen ritzen, als Brand auch nur einmal zuzunicken.

„Ich glaube, dass ist ein Ja“, warf Xenen ein. Sie kannten sich noch keine Stunde und schon verstand der junge Mann ihn besser als die meisten Menschen der Keora.

Brand zog kurz die Schultern hoch. Was das jetzt auch immer zu bedeuten hatte.

Die Plattform begann erneut zu vibrieren und Zeyn hüpfte schnell zur Seite, bevor die kreisrunde Fläche neben ihm in die Lüfte stieg. Von unten sah er keinen Motor, der die Funktion verraten könnte. Die Theorie einer geheimen Phantom-Basis wurde immer wahrscheinlicher. „Sieh an, sie haben von selbst gemerkt, dass die Verbindung weg ist“, sagte er, während er auch schon sein Messer zückte. „Arme Skoglund …“

Schnell nahm ihm Brand die Klinge aus der Hand. „Ich mach das. Ein Ohr in ghitanischen Händen reicht.“

„Ja, weil ich von allen Menschen an Bord am liebsten sie abstechen würde.“

Brands Blick war toxisch; als hätte er ihn verstanden. „Mach dich nützlich und sieh dich um“, befahl er knapp. In der Tat hatte Zeyn bisher noch keinen Blick auf die Umgebung gewagt.

Der Raum glich dem oberen, nur war er viel schlechter beleuchtet – was jedoch keine Absicht war, wie die vielen finsteren Lichtstreifen verrieten. Normalerweise wäre Zeyn die Helligkeit unwichtig gewesen, denn Dunkelheit stahl nur Farben statt die Sicht. Doch diese Wände schienen nicht in Blau getränkt zu sein. Sie waren über und über mit geometrischen Formen bemalt, langgezogene Trichter stülpten sich perspektivisch falsch über Kästen und Ovale. Asynchron verzierten Flecken die Objekte, deren Form scheinbar zufällig gewählt war. Doch so lange Zeyn auch suchte: Kein Klecks glich einem anderen oder war gar an der gleichen Stelle innerhalb einer Figur zu finden. „Sowas hab ich noch nie gesehen … bei keiner Spezies der Galaxie.“

„Ja, es ist wunderschön.“ Faszination lag in Xenens Stimme, obwohl ihm dieses Bild doch alltäglich sein sollte.

„Wer ist der Maler?“ Zeyn drehte sich zum Einheimischen, doch statt zu antworten, war Xenen ganz in Konzentration versunken; versuchte die Frage stumm nachzusprechen. Bedauerlich, dass Ghitaan wohl doch zu kompliziert für den jungen Menschen war.

Die Plattform fuhr zu Boden. Niemand schrie auf. Die drei Frauen standen angespannt beieinander, die Waffen in den Händen. Auch Brand schien überrascht und wandte sich sofort an Skoglund, kaum dass sie wieder auf selbem Boden standen.

„Dein Sender funktioniert noch?“

„Nein, Sir.“ Sie stand grundlos stramm. „Aber als du schriest, gab Marino sofort dem Störsignal die Schuld. Da habe ich meinen Knopf vorsichtshalber rausgenommen.“

„Obwohl die ja störsicher sind …“ Marino klang weitaus weniger förmlich.

„Das sind sie, gegen alle uns bekannte Techniken“, mischte sich Zeyn ein.

Marino nickte und ahnte vermutlich nicht einmal, wie anzüglich sie dabei aussah.

„Hat er was Sinnvolles gesagt?“ Brand deutete mit dem Kopf zu Zeyn. „Du bist mit deinem Implantat die einzige, die ihn versteht.“

„Dann kannst du ihm gleich übersetzen, dass er neben ihm steht!“

Marino stöhnte auf. „Zankt euch ohne mich.“

Eigentlich wollte Zeyn etwas erwidern, doch sah er im Augenwinkel, wie Varbu nah an Xenen herantrat. Sie begann zu flüstern. „Ist Tir…“ Weiter kam sie nicht, da Xenen ihr schnell die Hand auf den Mund legte und den Kopf schüttelte.

Marinos flüchtiger Blick verriet, dass sie auch verstanden hatte. „Brand, der Raum wird langsam ganz schön eng.“

„Du hast es gehört, Xenen: Wo ist die Tür?“

Unauffällig stieß Brand Skoglund in die Seite, deutete mit den Augen zu Varbu. Während der Xenen zu einer Wand hüpfte, zog sie sich zurück; vermutlich um den Überblick über die Gruppe zu behalten. Skoglund nickte und wurde ihr Schatten.

Xenen legte die Hand auf ein kleines Trapez und wieder öffnete sich eine Tür aus dem Nichts. Erst jetzt fiel Zeyn der gewaltige Monitor auf, der in über zwei Metern Höhe fast die ganze Breite der Wand einnahm. Sein Display war gesprungen und bemalt, dass er sich ganz ins wilde Muster fügte.

„Ich schätze, hier wurden Ankommende über den Stand der Dinge informiert; wie wie viele Sonnensysteme schon eingenommen wurden und sowas. Wir näheren uns dem interessanten Teil.“

„Er sagt …“, begann Marino zu übersetzen.

„Nein.“ Brand fiel ihr sofort ins Wort. „Außer du sprichst Latein.“ Er flüsterte, aber nicht leise genug, denn Xenen drehte sich fragend um: „Was ist Latein?“

„Tja, damit steht fest: Nur Ghitaan ist noch sicher.“ Zeyn versuchte nicht einmal, seine Schadenfreude zu verbergen. „Ich bin also der einzige, der wahllos Geheimnisse ausplaudern darf. Fragt sich nur, wie lange es noch dauert, bis der da auch mich versteht.“

„Ghitaan hat den Größten, bis Xenen ein Messer gefunden hat[2]“, übersetzte Marino trocken.

Brand grinste. „Xenen, verstehst du inzwischen, was Zeyn da die ganze Zeit vor sich her grunzt?“

Er überlegte einen kurzen Moment. „Kaum.“ .

„Kaum?“ Schnell fand Brand zu seiner aufgesetzten Freundlichkeit zurück. „Das ist schade, er hätte sich gern mit dir über eure Malerei unterhalten.“

„Die Epiphanie der Verlorenen.“

„Das Bild hat einen Namen?“

„Was hat keinen Namen?“

„Ja, natürlich hast du recht.“ Brand lachte falsch auf. „Welchen trägt denn der Künstler?“

Xenen zögerte, sah zu Varbu. Sie schüttelte den Kopf.

„Na, er oder sie wird doch wohl kaum ein Staatsgeheimnis sein.“ Brand ließ nicht locker, schritt wieder ganz an den Einheimischen heran.

Doch Xenen wich zurück in den neuen Raum und verschwand aus Zeyns Sichtfeld. Grünes Licht blitze hinter dem Türrahmen auf, warf wenige Sekunden seinen Schein in den Raum und erlosch wieder. Marino hob ihre Waffe.

„Scanner?“ Zeyn sah zu Jonas, doch wurde ignoriert.

„Was war das, Xenen?“, fragte der Ktador.

„Licht.“

„Nein, ich meine, was macht das Licht?“

„Der Raum wird grün.“ Kein Funke Ironie glomm in Xenens Stimme.

Zeyn lachte schallend auf und auch Marinos Mundwinkel zuckten. „Langsam wird der Kleine doch sympathisch.“

Auch wenn Brand seine Maske wahrte, klang er ungewohnt ernst. „Gleich lösen wir einen Alarm aus“, murmelte er und drehte sich mit dem Rücken zu Xenen. „Wie wahrscheinlich sind letale Sicherheitsvorkehrungen in so einer Anlage?“

„Der Erste findet es heraus, falls hier überhaupt was funktioniert.“ Marino klang ungewohnt freundlich, doch deutete nur mit den Augen auf Zeyn. Zögernd schüttelte Brand den Kopf.

„Was, jetzt bin ich ihm nicht mal gut genug als Kanonenfutter?“

„Er will draufgehen“, übersetzte Marino gelangweilt.

„Auch wenn das viele Probleme lösen würde, opfert sich hier niemand.“

„Ihr redet hier bis zur Supernova – ich mach das!“

Wie auch schon bei den Textstellen im ersten Teil gilt hier: Handwerklich hab ich eigentlich nicht so viel auszusetzen gehabt, zumindest nicht so viel, dass ich gleich die ganze Szene gestrichen hätte. Das Problem war ein ganz anderes, aber vielleicht ist es euch schon selbst aufgefallen: Das hier waren jetzt etwa 4–5 Buchseiten, und dabei war das noch nicht einmal der Anfang der Szene, der ist nämlich auch nochmal 5–6 Seiten lang. Wir kommen also auf ungefähr 10 Seiten – in denen fast nichts passiert!

Meine Söldner*innen stecken mitten in einer unbekannten Alienanlage, spüren förmlich, dass sie einem uralten Geheimnis dicht auf den Fersen sind – und stehen rum und quatschen. Aber warum hab ich dann nicht einfach den Dialog gekürzt und weiter geht’s?

Der Dialog an sich ist gar nicht das Problem der Szene, denn die einzelnen Personen reden streng genommen nicht so viel (für meine Verhältnisse …). Jeder hat nur wenige Sätze, teilweise um einfach nur zu zeigen: „Jo, nicht vergessen, ich bin auch hier unten!“ Und genau das ist das Problem: Es sind viel zu viele Personen, die reden. Sicher hätte ich Maya, Tina und Varbu zu einfachen Redshirts machen können, die um die Protagonisten herumstehen, damit der Hintergrund etwas bunter wird. Aber wer beide Romane kennt, weiß, dass Maya und Tina vielleicht keine Hauptcharakterinnen sind, aber doch meilenweit davon entfernt, einfache Statistinnen zu sein. Und außerdem bin ich eine strikte Gegnerin davon, meine Figuren für den Plot zu verbiegen: Wenn die Handlung nur funktioniert, weil jemand etwas tut, das nicht zu ihm oder ihn passt – und sei es die Klappe halten, wo es doch was zu sagen gibt –, dann ist eben die Handlung schlecht und muss sich ändern. Und das habe ich dann ja auch mit ihr gemacht.

Denn selbst wenn ich es geschafft hätte, den Dialog am Anfang sinnvoll zusammenzukürzen, hätte ich bei jedem verdammten Zwischenstopp der Gruppe wieder dasselbe Problem gehabt: Eigentlich ist keiner so wirklich schweigsam, aber diese vielen Dialoge hätten der Szene das Tempo gestohlen, wo doch eigentlich die Spannungskurve ansteigen sollte. Ich meine, hey, wir sind so kurz davor, herauszufinden, was es mit dieser Alienanlage zu tun hat, wer will den anderen da beim Zoffen zuhören? Also mussten Tina, Maya und Varbu im Fahrstuhl steckenbleiben – sorry Mädels!

BLAU – Kapitel 9

Auch wenn ich heute nur über diese riesige Textstelle sprechen wollte, diesen kurzen Dialog will ich euch dann doch noch zeigen:

„Warum schickst du einen Ghitaner auf eine heimliche Mission?“

„Weil niemand damit rechnet.“

Manchmal – meist beim Spaziergehen oder in der Badewanne – fallen mir kurze Dialoge für spätere Szenen ein, die ich dann Mantra-artig vor mich hin sage, bis ich sie endlich auch aufschreiben kann. Das hier war so einer und eingeplant war er eigentlich für den Moment, in dem Jonas Zeyn zurück zu Vissa schickt, um die besetzte Anlag zu infiltrieren …

Wie, ihr erinnert euch nicht mehr an diese Szene? Nun ja, das könnte daran liegen, dass sie nie stattgefunden hat 😉 Zeyn hat das mit der Missionsplanung in die eigene Hand genommen, und wie das ausgegangen ist, habt ihr ja selbst gelesen *g*

Weiter mit Teil 3 …

… geht es am Freitag, dem 13. Und zwar wieder mit Ghost, einer Textstelle, die mir beinahe den Cliffhänger am Ende von Blind vermasselt hätte, und Xenen bei seiner Lieblingsbeschäftigung: (fast) sterben 😉

Kettenanhänger zum Roman Sternenbrand 1: BlindUnd nicht vergessen: Noch läuft das Gewinnspiel um diesen hübschen Blind-Anhänger!

 

[1] In einem ganz, ganz, ganz frühem Stadium hab ich die Menschen tatsächlich mal als Terraner bezeichnet, bin dann aber ganz schnell wieder weg davon. Denn hey, wenn heute Aliens auf der Erde landen und uns fragen würden, wer wie sind, was würden wir wohl antworten? Terraner – oder nicht doch eher Menschen? 😉
[2] Ganz ehrlich: Ich habe nicht geringste Ahnung, was ich mit „bis Xenen ein Messer gefunden hat“ gemeint habe. Wer eine Idee hat: Schreibt mir!

Author: Annette Juretzki

Autorin von Fantasy, Scifi & Unfug. Lektorin, Korrektorin & sonstige Besserwisserin. An sich ein netter Mensch, wenn man sie nicht näher kennt.

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